Christoph Urwalek - Magazin
erschienen in
Um:Druck 02/13, anlässlich der Ausstellung: Magazin, Jesuitenfoyer Wien, 2013
"Die Dekonstruktion, darauf habe ich bestanden, ist nicht neutral, sie interveniert"
(Derrida 1986, 197f.)
Christoph Urwalek interveniert mit Bildern. In der derzeit laufenden Ausstellung im
Jesuitenfoyer
mit dem Titel Magazin setzt er den Betrachter in ein kritisches Verhältnis zur Bildproduktion,
und
nützt dafür die Technik der Montage. Mittels Collage und Siebdruck greift er in eine Bildwelt
ein,
die vor allem in den Bereichen der Jugendkultur und des Lifestyle, in Alltagsmedien und
Magazinen
eine ungeheure Präsenz erfahren haben. In diesen Formaten werden Bedürfnisse und Styles
formuliert,
die sich auf so etwas wie einen sozialen Raum beziehen, in dem sich unsere Gefühle, Gesten,
Kleidung
und unser Verhalten in einer klassenspezifischen Sprache zum Ausdruck kommen. Pierre Bordieu
stellte
in seiner Definition des sozialen Raums den Habitus als das gemeinsame prägende Element der
Individuen als das Bindeglied der sozialen Klassen dar. Er definiert diesen als das
"Erzeugungsprinzip objektiv klassifizierbarer Formen von Praxis und Klassifikationssystem dieser
Formen" [1]. Die Macht der vorgeführten Praxen in den Bildern Christoph Urwalek's ist eine
Medienimmanente, sie besteht in ihrer Reproduzierbarkeit. Der Begriff der Reproduktion bezieht
sich
dabei nicht nur auf die technischen Möglichkeiten der Vervielfältigung von Bildern, sondern im
speziellen auf die Reproduktion von Klassenverhältnissen. Genau dort interveniert Christoph
Urwalek
mit seinen Arbeiten. Auf spielerische Art kombiniert er Versatzstücke von Gewalt z.B. in Form
von
bewaffneten Akteur_innen mit Gesten der Aufmerksamkeit, der Ruhe, der Kontemplation, und der
Selbstermächtigung, und arrangiert diese mittels Siebdruck vor großen weißen Hintergründen zu
poetischen Bildräumen. Als verbindendes Element zu diesen großen Leinwandarbeiten befindet sich
in
der Ausstellung ein Milieudiagramm, das die Einteilung der sozialen Schichten von
gesellschaftlicher
Oberschicht bis zur Unterschicht mit deren zugeordneten Eigenschaften des "Festhaltens und
Bewahrens" bis zum "Grenzen überwinden" definiert. Die hierzu verwendete Technik des Aquarells
zeigt
den ironischen Charakter der Arbeiten von Christoph Urwalek. Nichts ist vollständig, alles in
Fluktuation, die Geschichten lassen sich nie zur Gänze entschlüsseln. Auch das Cover eines neuen
Magazins „Another Man“, das ein Zeitungsbild einer Bande Jugendlicher mit migrantischem
Hintergrund
aufgreift, und dieses einem klassisch männlichen Unterkörper entwachsen lässt, zeigt diese
Bruckstückhaftigkeit. Christoph Urwalek geht es aber auch um Zeigeformate. Als billig
produzierte
Kopien remixt und rekontextualisiert er seine Collagen in gebundener Form, und verweist dadurch
auf
das Ursprungsmedium. Unsere Körper und unser soziales Verhalten sind gesellschaftliche
Konstrukte,
die sich weitgehend über Bilder und deren reproduktiven Charakter definieren.
[1] Bourdieu, Pierre; Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft;
Frankfurt/Main 1982, S.277)
Download PDF